“Gang leader for a day” von Sudhir Venkatesh

Ein super Buch, das ich jedem empfehlen möchte, der entweder “Freakonomics” gelesen hat oder auf unkonventionelle sozioökonomische Literatur steht.

In Freakonomics (Amazon-Link) beschreibt ein Kapitel die wirtschaftliche Logik hinter Drogenbanden und die Strukturen, die die Mitglieder zu Ihrer gefährlichen Arbeit bringen. Quintessenz ist dabei so etwas wie der DSDS-Effekt: Jeder glaubt, er wäre besser als die Anderen und schafft es daher zum nächsten Level. Dass am Ende nur Fünf  von ein paar Hundert wirklich etwas verdienen, fällt dabei nicht auf. Der vergleich von Dieter Bohlen und dem Drogenboss ist dabei gar nicht so schlecht: Beide schaffen einen Mythos, der Ihnen selbst am meisten hilft, ob in Sachen Werbekunden oder Crackkäufern. Dass auf dem Weg die weniger geeigneten wegfallen, ist Jedem von vorne herein klar.

“Gang leader for a day” (Amazon-Link)  ist ein komplettes Buch über den Hintergrund der Studie, die zu dem Kapitel in Freakonomics geführt hat. Sudhir Venkatresh (seine Website) möchte als Student Ende der 80er herausfinden, wie es denn so ist, “black and poor” zu sein. Als er diese Frage den Drogendealern in Chicagos übelstem Viertel stellt, schnappen sie ihn sich erst einmal und schleifen ihn zum Anführer der Gang. Da sich die beiden glücklicherweise gut verstehen, darf Sudhir ihm in den folgenden Monaten immer mehr über die Schultern schauen und lernt so mehr über das Umfeld der Chicagoer Projects, als er geträumt hat.

Das Buch bietet nicht nur tiefen Einblick in das Gang-Leben sondern beschreibt auch sehr authentisch die Freundschaft Sudhirs mit den einzelnen Gangmitgliedern. Ein krasser Gegensatz ist dabei die Härte, mit dem ihm begegnet wird und die naive Offenheit, die er an den Tag legt, um seine Recherche zu beenden.

Ich kann das Buch wärmstens empfehlen – wer früher auf den Chicago-Rap um Common, Talib Kweli, etc. stand, wird auch die einen oder anderen interessanten Referenzen finden. Die Realität des Ghettos wird durch das Buch passend gerade gerückt. Für alle anderen ist es ein Einblick in eine Welt, die durch die selbstverständliche Erklärung umso grausamer wirkt. Lesen!

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