Schnelle Finanzierungsrunden und Gründer vs. VCs

Eine schnelle Finanzierungsrunde ist möglich

Heute habe ich einen Anruf von einem befreundeten Gründer bekommen, der für sein neues Startup einen Vorvertrag (Term Sheet) von einem Investor angeboten bekommen hat. Es ging um einige inhaltliche Themen, die relativ einfach zu klären waren, aber mir ist eine Besonderheit aufgefallen: Der Notartermin war sehr zügig angesetzt, so dass dem Gründer nicht viel Zeit blieb, sich noch großartig nach anderen Investoren, ausführlichem Rat oder Verhandlungsmasse umsehen konnte.

Aus meiner Sicht ein schlauer Schachzug der Investoren: so bleibt ein langes Verhandeln und das “Term Sheet Shopping” (sie Suche nach besseren Angeboten, die man Gründern gerne empfiehlt) außen vor, gleichzeitig werden Grundzüge der Zusammenarbeit und Erwartungen frühzeitig etabliert: Es geht um schnelle Entscheidungen, Exekution unter Stress und die Fähigkeit, hierbei den Kopf zu behalten. Da die Terms, in welche ich Einsicht hatte, human und auch in einer angenehmen Sprache formuliert waren (klare Verträge – klare Erwartungen), kann ich zum Angebot gratulieren und hoffe, dass sich eine tolle Firma entwickelt.

Unterschiedliche Interessen von Gründern und Investoren

Gründer und Investoren haben in solchen Situationen oftmals unterschiedliche Motivationen. Gründer wollen die Runde so schnell wie möglich schließen, um sich wieder dem operativen Geschäft zu widmen. Wenn sich damit die vorgestellten Terms (Bewertung und Summe der Finanzierung) bedienen lassen, ist alles gut. Wenn die Vorstellungen auseinander gehen, versuchen Gründer selbstverständlich, konkurrierende Angebote einzuholen, um den Wert zu heben. Wenn sich hingegen ein Bieterkampf entwickelt, lässt sich möglicherweise der Preis nach oben treiben und gleichzeitig eine schnelle Runde realisieren, so etwas habe ich allerdings (vor allem im early stage Bereich) noch nicht oft erlebt.

Investoren wollen schnell unterschreiben, wenn die Konditionen gut sind (ergo schlechter für die Gründer). Daher war die Nachfrage sicherlich angebracht. Hinzu kommt, wie im beschriebenen Fall, oftmals auch eine Ablehnung gegenüber langen Prozessen und Bürokratie. Das finde ich persönlich sehr angenehm und gerade in der Seedphase vernünftig. Wenn die Firma sich schon etwas weiter entwickelt hat, kommt es für die Investoren allerdings auf andere Faktoren an, als vor oder kurz nach der Gründung. Die Persönlichkeit der Gründer spielt noch immer eine große Rolle, der Erfolg der Firma ist jedoch schon besser zu messen. Da sich diese Entwicklung am besten über Zeit beobachten lässt, möchten Investoren in solch einem Fall gerne ein paar Wochen oder gar Monate zuschauen, wie sich die Versprechen der Gründer halten lassen.

Schick mir doch mal deinen Businessplan

Das ist auch der Grund dafür, warum Investoren Gründer nach ihrem Businessplan fragen, dann aber doch ganz schnell absagen, weil die Idee oder Firmenphase noch “zu früh” sind. Das Angebot, in Kontakt zur Entwicklung zu bleiben, ist dann keine leere Phrase, sondern Teil des beschriebenen Prozesses: wenn sich alles gut entwickelt, können auch größere Investoren schnell und klar zur Zusage und dem Abschluss der Runde kommen. Das Beobachten ist dann vor den “offiziellen” Prozess gerutscht, und der Investor hat bereits eine gute Einsicht in die Firma und möglicherweise regen Kontakt zum Gründer. Hier kommt es oft zu Missverständnissen auf beiden Seiten: Gründer verstehen die Nachfrage als leere Geste (“der hat meinen Plan noch nicht mal gelesen”) und melden sich nicht mehr zum Fortschritt, Investoren sind auf vielen Fronten beschäftigt und kommunizieren dieses Vorgehen manchmal nicht ganz klar.

Gründer vs. VCs? Nein.

Zum Glück sind Gründer und Investoren oftmals Early Adopter und an der vordersten Grenze neuer Entwicklungen unterwegs. Im konkreten Fall bedeutet das, das sowohl Gründer als auch die Venture Capitalists Ihre Meinung oft und gerne in all den schönen neuen Medien zum besten geben. So wird die “Black Box” VC ein wenig entschärft und beide Seiten können sich klarer verständigen und die jeweiligen Gedankengänge verstehen. Da ich nicht der erste bin, der diese Debatte anstößt, hier eine kurze Übersicht zu Blogs und Artikeln, die Gründern eine bessere Einsicht ins Thema gewähren:

  • Fred Wilson: unter aVC.com bloggt Fred Wilson sehr viel und sehr offen über seine Tätigkeit als VC bei Union Square Ventures (Investments z.B. in Tumblr und Twitter und wirklich allen heißen Social Media Themen). Das meistgelesene und ehrlichste VC-Blog, das vielen anderen als Vorbild dient.
  • Fred Destin: der europäische Fred, der für Atlas Venture in Boston investiert. Seine Beiträge sind seltener, dafür sehr viel tiefgängiger, sein letzter Post über die momentane Situation der VC-Szene ist absolut lesenswert. Destin hatte vor einiger Zeit eine ausführliche Auseinandersetzung zum Thema Gründer gegen VCs auf Techcrunch diskutiert.
  • Ask The VC wird von Brad Feld und Jason Meldelson geschrieben (Brad Feld’s Blog ist auch empfehlenswert). Beide haben die Foundry Group gegründet, ein VC-Fonds, der eine interessante Investmentthese hat. Wie der Name verrät, werden bei Ask The VC Fragen zu Venture Capital und Startups beantwortet.
  • Paul Jozefak bloggt sehr offen und ohne Umschweife über seine Investmentthesen und generelle Fragen zu Startups. Empfehlenswert, da einer der wenigen wirklich aktiv bloggenden VCs in Deutschland.
  • Venture Hacks hat “good advice for startups”. Nuff said.
  • Rechtliche Hinweise in Deutschland haben zum Beispiel mein Kollege Christian Musfeldt (VC Recht für beide Seiten) und Rechtsanwalt Konstantin Ewald (Spielerecht) von Osborne Clarke. Beide noch recht frisch, aber beide mit hochinteressanten Themen, die noch viele Möglichkeiten zum Verständnis bieten. Leser motivieren zum Schreiben, also beide abonnieren!

EDIT: Zu diesem Thema hat mich meine Ex-Kollegin Jana (am Lehrstuhl für Entrepreneurship und Technologie-Kommerzialisierung) motiviert, die auf den Artikel “why VCs are such a bad date” hingewiesen hat. Danke dafür.

Stefan Voskoetter hat auch noch auf das wundervolle Blog “Both sides of the table” von Mark Suster hingewiesen. In der Seitenleist findet Ihr noch weitere interessante Blogs, die sich mit den Themen VC und Tech beschäftigen.

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9 Comments

  1. Klasse Artikel. Hierauf sollten auch mal gruenderszene.de und deutsche-startups.de verlinken. Herzlichen Dank für die Erwähnung unseres kleinen Blogs!:-)

  2. der blog “both sides of the table” von m.suster ist auch super

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