Kurz vor dem Urlaub renne ich meistens hektisch in den Bücherladen und suche mir etwas vernünftiges zum Lesen. Glücklicherweise habe ich mittlerweile ein gutes System, das passende Material auszusuchen: Ich gehe in die Abteilung für englische Bücher, schaue nach einem interessanten Cover und gehe zur Kasse. Dabei kommt dann zum Beispiel folgendes heraus:
Emergency von Neil Strauss
Neil Straus ist der erlesene Autor von Meisterwerken wie “How to make love like a porn star” mit Jenna Jameson und “The long hard road out of hell” mit Marylin Manson. Also ganz offensichtlich jemand, auf dessen Werke man ein Auge werfen sollte. In Emergency beschreibt er seine persönliche Odyssee vom Steuerzuflucht suchenden Musikjournalisten zum absoluten Untergangsüberlebenskünstler. Der Untertitel “this book will save your life” wird immer überzeugender, je mehr seine Schreckensvorstellungen zu möglichen Anschlägen, Naturkatastrophen und Bürgerkriegsphantasien in Erzählung Gestalt annehmen. In Wirklichkeit beschreibt er, wie er aus reinem Interesse für eine Story an Menschen gerät, die jeweils eine sehr grafische Vorstellung vom Ende der Welt haben. Er lässt sich davon anstecken und schreibt über die verschiedenen Schritte, die zum Austritt aus der Gesellschaft (und zur eigenen Rettung) nötig sind:
- Orientation
- Escape
- Survive
- Rescue
Die Erzählung ist dabei mit nützlichen urbanen Überlebenstipps wie Schlösser knacken, Ziegen ausnehmen, Toiletten bauen und Chemieangriffe überleben gespickt, die einem sämtliche Angst vor möglichen Katastrophen nehmen. Not. Ein amüsantes Buch also, vor allem für diejenigen, die früher nicht bei den Pfandfindern waren. Ich war übrigens da, also war das alles nichts neues für mich (vor allem zweite Reisepässe und Chemieangriffe sind nämlich Themen, die bei den Pfadfindern auf der Tagesordnung stehen).
Gomorrha von Roberto Saviano
Das Buch, nach dem der sehr gewalttätige, gleichnamige Film gedreht wurde. Dieses Buch über die neapolitanische Camorra ist nicht nur ein erschreckend offener Bericht über die Tatsachen, denen die Bewohner Neapels und seiner Vorstädte anscheinen täglich gegenüber stehen, sondern gleichzeitig auch eine sehr persönliche Story über den Autor und seine Familie, Freunde und Heimatstadt.
Absolut lesenswert fand ich Gomorrha, weil die persönliche Erzählung aus Sicht des Autors sehr eng und gekonnt mit Erklärungen zur historischen und gesellschaftlichen Struktur verwoben sind. Welchen Einfluss die Camorra noch heute in einem der ersten EU-Länder hat, sollte jeden zum Stutzen bringen. Vielleicht erklärt dieser Umstand aber auch die grotesk anmaßenden Kapriolen der Politiker in Italien, die man nicht so wirklich ernst nehmen will. Wer gerne “The Sopranos” guckt und den “Paten” für einen unglaublich realen Film hält, kriegt hier auf jeden Fall einen deutlich ungeschönteren und weniger glorifizierten Lifestyle der kriminell organisierten Klasse serviert.