Konzerne und Startups

Startups play poker, large companies play chess – Don Dodge

Dieses Zitat will mir nicht mehr aus dem Kopf. Es ist jedem klar, dass es großen Konzernen nicht möglich ist, einfach etwas Neues auszuprobieren und die Richtung zu ändern. Im Gegenteil, durch die eigene Macht und Vernetzung sind Konzerne meist nicht in der Lage, selbst offensichtliche und logische Schritte zu machen. Die Ergebnisse sind einfach zu sehen und wiederholen sich ständig:

Opel kann beinahe nicht aus eigener Kraft gesund schrumpfen, da Verträge und Gesetze verhindern, dass Angestellte freigestellt oder anders(wo) eingesetzt werden. Ähnliches lässt sich bei den großen US-Autobauern beobachten, obwohl die Regularien weitaus lockerer sind. In Deutschland gibt es in vielen großen Unternehmen Auffanggesellschaften, in denen ehemalige Mitarbeiter lediglich ihr Gehalt ausgezahlt bekommen. Unternehmen wie die Deutsche Telekom haben somit zwar ihr Kerngeschäft verschlankt und bekommen für die zusätzlichen Angestellten Steuervergünstigungen, die Entscheidungsfindung ist durch solche Lösungen jedoch nicht vereinfacht.

Momentan sind es vor allen Dingen Medienfirmen, die sich an die neuen Geschäftsmodelle im Internet nicht so einfach gewöhnen können, wie es sich manch einer wünscht. Damit meine ich nicht nur die Eigner dieser Firmen, sondern auch diejenigen, die sich tolle Strategien ausdenken, wie denn die Medienwelt nach heutigem Muster in die nächste Generation zu retten ist.

Im Studium habe ich durch meine Kurswahl bedingt mehrfach und tiefgehend das Thema Innovation behandelt, heute bin ich täglich mit den reellen Ursachen und Auswirkungen der Schumpeterschen “Creative Distruction” konfrontiert. Das Resultat ist ganz einfach: es gibt eine revolutionäre Erfindung oder Verbesserung, die bisherige Arbeitsweise wird zerstört und an seine Stelle tritt ein neues, frisches Modell, das mit dem Schritt der Zeit mithalten kann.

Startups spielen Poker – all die kleinen Firmen, die sich an den neuen Modellen probieren, haben keine Mengen an Kunden zu verlieren und werden keine Brücken verbrennen, wenn sie etwas neues ausprobieren. Wie ein Pokerspieler stehen sie alleine da und müssen es durch wohl überlegte Wetten schaffen, die anderen zu überleben. Dabei müssen sie immer gut aufpassen, dass die eigenen Chips noch für die nächste Runde reichen, sonst ist es vorbei. Konzerne haben ihre Spieler vorsichtig positioniert und aufgestellt, jede Figur schützt eine Andere. Es hat lange gedauert, diese Positionen zu finden – der Verlust einer Einzigen kann Auswirkungen haben, die bis zum Schachmatt reichen. Jeder Zug dauert lange und ist gut überlegt.

Es ist wichtig, diese Arbeitsweisen nicht zu vergessen und sich im klaren zu sein, warum die Großen manchmal – auch zu Ihrem eigenen Schaden – nicht so reagieren, wie es sich manch einer wünschen würde. Selbst wenn die bessere, einfachere Lösung von einem kleinen Unternehmen praktischer, günstiger oder einfach besser ist, können sich große Firmen nicht dafür erwärmen. Was aber noch viel anstrengender für Menschen ist, die aus kleinen Firmen kommen: die Großen brauchen meistens eine gefühlte Ewigkeit, um eine Entscheidung zu fällen – und selbst dann ist es meistens nur ein “ja, aber”. Man kann sich eben nicht leisten, einzelne Figuren zu verlieren.

Startups: spielt Poker mit anderen, die es verstehen. Wenn Ihr euch auf eine Partie Schach einlassen müsst, nehmt euch Zeit und überlegt gut, wie Ihr euch positioniert – Ihr fangt meistens mit weniger als 16 Figuren an.

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11 Comments

  1. Schön auf den Punkt gebracht.
    Wobei Startups nicht immer pokern, es werden Dinge meist früher erkannt und dann schneller umgesetzt. Auch ist die Motivation viel größer, da flachere Hierarchien herrschen.

  2. Das stimmt natürlich – Pokern erfordert ja auch großes Können und die
    Kenntnis der Regeln.
    Und eigentlich passt das schnelle Handeln und die große Motivation auch zur
    Analogie – es gibt schliesslich schnellere Erfolge.

    2009/11/6 Disqus <>

  3. Stimmt ich zu, bin aber kein Freund davon große Unternehmen immer als träge und 'dumm' hinzustellen.

    Teilweise finde ich es eher erschreckend, wenn ich mit Startups reden die mit B2B Produkten an den Start gehen und keine Vorstellung von Sales-Cycles insbesondere bei Großkonzernen haben. Oft kommt dann auchnoch die Illusion dazu, dass man nur einen Großkunden braucht. Das Ergebnis ist dann eigentlich auch schon zu erwarten: Nach 12 Monaten geht das Geld aus und die Gespräche sind nirgendwo in Nähe eines wirklichen Vertragsabschluss…

  4. Das habe ich mit dem Post auch gar nicht gemeint, im Gegenteil. Ich wollte
    nur darauf aufmerksam machen, dass Leute aus der Startup-Szene all zu oft
    über große Unternehmen lästern, ohne sich der Realität dieser Firmen bewußt
    zu sein.

    Pokern ist nicht besser als Schach, es bevorzugt eben andere Spieler. Beim
    Schach sind diese dann, wie du treffend beobachtest, schneller aus der
    Puste.

    2009/11/6 Disqus <>

  5. Hab ich auch bei dir nicht so verstaden – aber genau das Lästern was du beschreibst kenne ich auch. Teilweise nervt es einfach und zeigt von fehlendem Verständnis (hier im Sinne von “Ahnung”).

    Klar sind viele Entscheidungsprozesse oft unnötig kompliziert / langatmig und Unternehmen lassen sich als als “wenig innovativ” bezeichnen, aber aus meiner Sicht sollten Großkonzerne garnicht den Anspruch der Innovationsführerschaft haben. Diese Firmen leben von Massenprodukten, nicht von Nischen. Und Massenprodukte sind eigentlich nie wirklich innovativ, sondern sind schon sehr gereift wenn Sie bei der Masse ankommen…

    Übrigens passt der alte Spruch “Don't hate the player – hate the game” exzellent zum eröffnenden Zitat deines Posts.

  6. Ich war vor vielen vielen Jahren mal Schulmeister im Schach (8. Klasse), bin jedoch mittlerweile zum Pokern übergewechselt. Beide Spiele haben so ihre Reize, mir persönlich bietet Pokern aber mehr Spaß und Action 🙂

    Ansonsten sehr geiler Blogpost..!!

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