Ich habe unserem “Technologie”-Minister geschrieben

Bitte lesen, verteilen, kopieren, wiedergeben und gerne noch einmal an Herrn zu Guttenberg schicken. Seine Emailadresse im Bundestag ist auf seiner Website zu finden. Solange die Worte nicht aus dem Kontext genommen werden, kann mit dem folgenden Text gemacht werden, was Ihr wollt.

Ich habe lange überlegt, ob ich das Anschreiben auch öffentlich machen möchte, denke aber, dass es das wohl wert ist. Wer es nicht mitbekommen hat: die von der Bundesregierung geforderten Internetsperren (zur Bekämpfung von Kindesmissbrauch) sind in ihrer Konzeption nutzlos und ohne weiteres  (ja, ohne Expertenwissen) zu umgehen. Die von mittlerweile über 50.000 Mitbürgern unterschriebene Petition bittet den Bundestag, das Gesetz genauer unter die Lupe zu nehmen, damit nicht ungewollte Konsequenzen entstehen, welche die Freiheit der Bürger Deutschlands ernsthaft beeinträchtigen können.

Es ist einfach, den Gegnern der Petition die Unterstützung der illegalen Aktivitäten vorzuwerfen. Genau dies hat unser Wirtschafts- und Technologieminister getan, wie man in diesem Video (Interview in der Tagesschau) sehen kann. Die Gegner des Gesetzes sind aber, wie sich im Text der Petition zeigt, aus anderen Gründen gegen diese Massnahmen. Es geht vor allem um das langfristige Verständnis des Internet als Massenmedium, der vom Staat hiermit geforderten Kontrolle und der von Bürgern tolerierten Eingriffe in Privat- und Kommunikationsleben. Für mich persönlich gewinnt die Brisanz der Diskussion, da mein berufliches Leben direkt von diesen Entscheidungen beeinflusst werden kann. Schliesslich arbeite ich fast nur “im Netz”.

Am einfachsten ist dies mit dem folgenden Zitat zu erklären:

Als sie Kinder___grafieseiten sperrten habe ich nichts gesagt, denn ich habe diese Inhalte ja nicht konsumiert.
Als sie Raubkopiererseiten sperrten habe ich nichts gesagt, denn ich habe ja nicht raubkopiert.
Als sie Blogs mit gesellschaftskritischen Inhalten sperrten habe ich nichts gesagt, denn ich war ja nicht gesellschaftskritisch eingestellt.
Als sie die Seiten von Oppositionsparteien und Gewerkschaften sperrten habe ich nichts gesagt, denn ich war ja nicht in der Gewerkschaft oder in so einer Partei.
Als sie das Grundgesetz ausser Kraft gesetzt haben, gab es kein Medium mehr über das ich hätte etwas sagen können.

(gefunden bei Netzpolitik, ursprünglich von Zeit Online)

Ich war nach dem Zitat unseres Ministers sprachlos, mit welchem Mangel an Verstand mit unseren Freiheitsrechten umgegangen wird. Meine Reaktion war eine Email an den Herrn Minister, bisher warte ich noch auf Antwort:

Sehr geehrter Herr zu Guttenberg,

Ich habe heute Ihr Interview in der Tagesschau gesehen (http://www.tagesschau.de/multimedia/video/video492704.html). Ich bin schwer von Ihrem Missverständnis dieses Problems enttäuscht und hätte von Ihnen als TECHNOLOGIE-Minister (!) ein grundlegenderes Verständnis zum Thema erwartet.

Ihre Gleichstellung der Gegner dieses (nicht geeigneten) Gesetzes mit Pädokriminellen ist nicht akzeptabel und lässt Ihre Kompetenz bzw. das tiefgehende Verständnis Ihrerseits in diesen Dingen vermissen.

Ich möchte Sie bitten, diese Aussagen zu überdenken, das Problem in seiner Weitläufigkeit und Wichtigkeit zu verstehen und besser geeignete Methoden zu finden. Die Gegner sind nämlich keineswegs Gegner des Schutzes der missbrauchten Kinder. Im Gegenteil, sie verlangen eine wirklich nützliche Lösung.

Die heftige Zustimmung zur Petition ist nämlich vor allem daher entstanden, dass die nächsten Schritte sehr wahrscheinlich tiefere Eingriffe in das Online-Verhalten der vollkommen unschuldigen Bürger unseres Staates nach sich ziehen. Problematisch hierbei ist vor allem das Unverständnis Ihres Ministeriums, welches in diesem Fall und Fach für Klarheit sorgen sollte, um Aktionismus zu verhindern und effektive Lösungen zu finden.

Ich erwarte ihre Antwort und verbleibe bis dahin mit freundlichen Grüßen.

(Bitte kopieren und an Herrn zu G., Frau von der L. oder die lokalen MBs schicken)

Wer sich bisher noch nicht mit diesem Thema beschäftigt hat, sollte es tun. Vor allem meine Generation, die mit dem Internet aufgewachsen ist und die Mechanismen wie selbstverständlich versteht, sollte aufwachen und sich überlegen, welche Konsequenzen eine solche Gesetzgebung haben kann. Ich politisiere ungern meine Meinung (vor allem die öffentliche), kann mich in diesem Fall aber nicht zurückhalten.

Weitere informative und interessante Artikel zum Thema empfehle ich gerne:

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8 Comments

  1. Hallo Philipp,
    sehr guter Beitrag zum Thema, die Mail gefällt mir. Hoffen wir, dass deine Mühe vil. nicht ganz um sonst war.

    Das Zitat aus “Zeit Online” trifft den Nagel auf den Kopf! Hier werden einmal mehr Vorwände benutzt, um Recht und Freiheit der Bürger einzuschränken.

    Simon

  2. Hallo Philipp,
    sehr guter Beitrag zum Thema, die Mail gefällt mir. Hoffen wir, dass deine Mühe vil. nicht ganz um sonst war.

    Das Zitat aus “Zeit Online” trifft den Nagel auf den Kopf! Hier werden einmal mehr Vorwände benutzt, um Recht und Freiheit der Bürger einzuschränken.

    Simon

  3. David, Simon: Danke. Ich blogge hier ja selten, will ich meistens das Gefühl habe, es ist ja gar nicht so wichtig. Das hier ist es aber.

  4. David, Simon: Danke. Ich blogge hier ja selten, will ich meistens das Gefühl habe, es ist ja gar nicht so wichtig. Das hier ist es aber.

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